Wie überall in Europa spitzte sich die Situation auch in Frankreich zu. Corona ist allgegenwärtig, die Fallzahlen steigen. Frankreich hat am Mittwochabend, den 28. Oktober 2020 entschieden, zum zweiten Mal den Lockdown des ganzen Landes auszurufen. Gültig ab Freitag, den 30.10.2020 um Mitternacht bis mindestens zum 1. Dezember. Reisende (Frankreich hatte die letzten beiden Oktober-Wochen Herbstferien) hätten bis Sonntagabend Zeit, zu ihrem Heim zurück zu kehren. So entschieden wir schweren Herzens noch am Mittwochabend, dass wir am Donnerstag die Bretagne verlassen.
Die Konsequenzen eines Lockdowns in Frankreich
Der Lockdown in Frankreich bedeutet, das Haus, bzw. Grundstück nicht mehr zu verlassen, ausser zur Arbeit, zum Lebensmittel einkaufen, Apotheke oder zum Arzt. Dabei muss jeweils zwingend ein Attest ausgefüllt mitgeführt werden. Zusätzlich erlaubt ist pro Tag max. 1 Stunde im Umkreis von max. 1 km zu spazieren oder sich sportlich zu betätigen.
Da wir nicht 23 Stunden eingesperrt im Wohnmobil verbringen können und/oder wollen, haben wir ein Angebot von Freunden wahrgenommen, diese Zeit bei Ihnen zu verbringen. Am Freitag, den 30. Oktober 2020 kamen wir also hier in Südfrankreich an und werden hier auf diesem Grundstück für mindestens einen Monat bleiben – sofern nichts Aussergewöhnliches und Unvorhergesehenes eintrifft.
Pont-Aven nach Gignac – ein Roadtrip durch leere Strassen
Am Donnerstag-Morgen des 29. Oktobers fuhren wir zuerst nach Concarneau – eigentlich wäre das ja auch unser nächstes Ziel gewesen, so war es nun nur des Einkaufs Willen. Für Sylvia holten wir in einem «Bastelgeschäft» Acryl-Farben und Pinsel, da Sie die Idee hatte, runde Steine mit der Dot-Technik zu bemalen.
Lebensmittelvorrat - können wir in den nächsten Tage überhaupt noch einkaufen?
Danach ging es in ein grosses Lebensmittelgeschäft, um einen kleinen Vorrat für die nächsten Tage anzulegen. Im Magasin ging es recht hektisch zu und her, der drohende Lockdown war förmlich zu spüren. Da die Verteilung der Lebensmittel hier in Frankreich so ganz anders angeordnet sind, als wir es aus der Schweiz gewohnt sind, suchen wir uns jeweils dumm und dämlich. Unter einer Stunde haben wir auf jeden Fall noch keinen Einkauf geschafft. Ach, wie waren wir froh, als wir aus diesem Trubel wieder raus konnten. Mit dem Wohnmobil fuhren wir direkt auf die (in der Bretagne kostenlose) Autobahn Richtung Nantes. Bei jeder Ausfahrt lasen wir Ortsnamen auf der Beschilderung, die wir kannten, wo wir waren… alles fühle sich so bekannt an. Etwas Wehmut lag schon in der Luft – doch wir mussten uns dem Schicksal fügen und diese Fahrt in den Süden nun unternehmen.
Warum in Frankreich bleiben und nicht zurück in die Schweiz
Es gab für uns nur diesen Weg, oder zurück in die Schweiz. Doch wo sollten wir hin, in der Schweiz? Erstens würde es dort kälter und nässer sein, zweitens wäre alles viel teurer (v.a. das Übernachten) und drittens waren bereits viele im Sommer extra erstellte Wohnmobil-Stellplätze wieder geschlossen. Es gäbe also mehr oder weniger nur noch das wild Stehen oder den Campingplatz. In der CH kostet ein Campingplatz durchschnittlich CHF 50.- pro Nacht für 2 Personen mit Strom. Das wären dann im Monat CHF 1'500.-, für diesen Betrag könnten wir bereits eine Wohnung mieten. Auch diese Option haben wir angeschaut… leere, bezahlbare Wohnungen gäbe es, doch wollen wir keine Möbel für 2-3 Monate kaufen… und möblierte Wohnungen sind sehr teuer. Diejenigen, die bezahlbar wären (ab CHF 1000.- bis CHF 1500.-), sind seeeehr alt und hässlich, das Preis-/Leistungsverhältnis stimmt überhaupt nicht. Die anderen (zumeist Ferienwohnungen) sind auf den Monat gerechnet nicht bezahlbar (ab CHF 2000.- aufwärts). Somit war für uns klar, dass wir das Angebot von Freunden in Südfrankreich zu bleiben, annehmen werden.
2 Tage. 900 Kilometer. Eine Flucht ins Ungewisse.
Da wir am Donnerstag los gefahren sind, hatten wir 2 Tage, nämlich bis Freitag Mitternacht Zeit, die Strecke mit 915 km zu bewältigen. Nach Nantes verliessen wir die Autobahn und bewältigten den Rest Überland. Wir fuhren via Poitiers und Limoges die ersten 640 km und übernachteten in Martel, einem kleinen Dorf im Parc naturel régional Périgord-Limousin. So befanden wir uns im Département Lot, bereits in der Region Occitanie. Die Stadt Limoges hat uns bei der Durchfahrt angesprochen, in Wikipedia nach Bildern gesucht, haben wir sie sogleich auf google-maps mit einem Pin versehen. Die werden wir uns bei anderer Gelegenheit näher anschauen.
Es gibt einige zusätzliche Pin's auf unserer Google-Map
Auch bei der Überquerung der Dordogne am Freitag, bei Le Port de Gluges und Roc del port haben wir gepinnt – so eine schöne Gegend, wild romantisch, verwunschen… einfach traumhaft. Wir pinnen uns jeweils Orte, die wir besuchen wollen, auf Google Maps. Manches mal entdecken wir auch auf Instagram schöne Bilder, die wir dann in Google suchen und bei gefallen mit einem Pin versehen. So war dies auch mit Rocamadour, ein kleiner Wallfahrtsort (der Eremit, der heilige Amadour, fand hier am Fusse eines steilen Felsens Zuflucht).
Rocamadour - Pilgerort ohne Besucher
Diese Pilgerstätte, die jährlich rund eine Million Besucher empfängt, feierte 2013 ihr 1000-jähriges Jubiläum. Dieser Ort befand sich nur wenige Kilometer von unserer Reisestrecke weg und so beschlossen wir einen Abstecher, da für Freitag nur um die 300 km geplant waren. Irgendwo auf einem Hochplateau bei strahlendstem Sonnenschein assen wir zu Mittag. Michel nahm Tisch und Stühle heraus und wir genossen das spätsommerliche Wetter Ende Oktober im Süden von Frankreich.
Viaduc de Millau
Die weitere Fahrt führte uns wieder, wie bereits im 2018, nach Millau. Dieses grosse Viadukt über den Tarn, eröffnet 2004, auf einer Länge von 2460 m und 270 m Höhe, wollten wir noch einmal fotografieren. Wir fuhren hinunter ins Tal und suchten nach einem geeigneten Standort, was dann gar nicht so einfach war. Wirklich überzeugt sind wir von unseren Bildern der Brücke noch immer nicht. Wer weiss, vielleicht wird sie ein weiteres mal besucht.
Von Millau aus waren es dann nur noch 86 km. Auf dieser Strecke überwanden wir ca. 350 Höhenmeter nach unten und durchquerten gebirgige Landschaften. Spätestens ab hier veränderte sich die Vegetation grundlegend in das Mediterrane.
Diesel und Gas tanken - Abwasser und WC entleeren
Vor unserer Ankunft wollten wir das Wohnmobil mit Diesel befüllen, den Abwassertank leeren, die WC-Kasette leeren und unseren Gastank füllen. Diese Dinge mussten wir an verschiedenen Orten, gesucht auf Google-Maps und mit der LPG-App, bewerkstelligen und nahm doch einiges an Zeit in Anspruch. So wurde es doch späterer Nachmittag, als wir endlich bei unseren Freunden eingetroffen sind. Das erste Abendessen stationär konnten wir am Feuer im Garten geniessen.
Bild-Galerie: 1. Bild anklicken, dann kannst Du die Bilder in gross anschauen und durchblättern.
- Unsere „Fluchtstrecke“ in den Süden
- Rocamadour normalerweise überfüllt von pilgernden
- Wasserfall mitten im Dorf
- Blick von Millau über den Tarn zum Viaduc de Millau
- Übernachtungsplatz gefunden
- Mittagsrast am Strassenrand und das warme Herbstwetter geniessen
- Rasur in der Natur
- Angekommen in Gignac
- Einstimmung auf den Lockdown am Lagerfeuer
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